Ende 1992 hatte ich in der Newsgroup de.rec.games.rpg einen Versuch gestartet. Ich wollte in meiner Kampagne wichtige NSCs durch Leser dieser Gruppe spielen lassen. Dabei hatte ich das Ziel, die NSCs dadurch lebendiger werden zu lassen und wollte ihre Aktionen nicht durch Zusatzinformation, die ein Spielleiter nie ganz vor seinen NSCs verheimlichen kann, beeinflussen lassen. Das Projekt hat nach etwa einem halben Jahr sein Ende erreicht, als die Kampagne selbst zu einem Ende kam. Auch wenn die Geschichte vielleicht nicht den Anschein hat, als habe sie geendet, gab es doch Gründe, sie enden zu lassen.
Ich bedanke mich bei allen Mitspielern für ihre Teilnahme, und daß sie sich vielfältige Gedanken zu den NSCs gemacht haben. Auch denen, die nicht bis zum Ende durchgehalten haben, danke ich, und wenn im folgenden von diesem "nicht durchhalten" gesprochen wird, so ist das nicht gegen diese Mitspieler gerichtet, sondern eher gegen das Prinzip der RSC (Remote/Relay Spieler Charakter) an sich, denn die Gründe, warum ein Spieler aufhört zu spielen, stehen nicht zur Debatte. Es gab am Anfang etwa 8 solcher RSCs, was ungefähr der Zahl entspricht, die ich mir vorgestellt hatte.
Die e-mail Adressen der RSC habe ich auch wieder gefunden. Nach langer Zeit, nun ist schon 2003, sollen die RSCs noch zu späten Ehren kommen. Die Realnames konnte ich aber leider nur bei sehr wenigen rekonstruieren. Es waren also: benz@uniko.uni-koblenz.de, tom@betei.jat.sub.org,ml, rettel@informatik.uni-erlangen.de, rix@orion.informatik.uni-freiburg.de, Axel.Eble@imbi.uni-freiburg.de (Axel Eble), kowa@uniko.uni-koblenz.de, soeren@beansidhe.ms.sub.org (Soeren Soerris), thomas@hotb.robin.de, rusch@orion.informatik.uni-freiburg.de.
Die RSCs gingen manchmal überraschende, neue Wege. Das war auch eines meiner Ziele gewesen und insofern ist eingetroffen, was ich mir erhofft hatte. Es wurden dabei nicht nur die SCs überrascht, sondern auch der SL. In diesen Zusammenhang gehört auch der nächste erwähnenswerte Punkt. Die RSCs entwickeln ihre eigenen Motive glaubhafter, als es ein SL bei NSCs könnte, da sie nicht von anderen Gründen, die der SL ihnen überordnen würde, beeinträchtigt werden. Es werden so Handlungen eingeleitet, die der SL für einen NSC nicht vorgesehen hätte. Ein Effekt, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte, war, daß sich RSCs mißverstanden haben. Dies ist eine Eigenschaft, über die der SL bei den SCs hämisch grinst, diesen Effekt kann man aber schlecht für NSCs simulieren. Umso aufregender war es, als RSCs die SCs verfehlten oder SCs die RSCs, weil die RSC Seite etwas verblüffendes, nicht vorhergesehenes tat. Besonders diese eingeschränkten Blickwinkel der RSCs sind es, die das ganze Projekt lohnenswert gemacht haben, denn derartiges läßt sich kaum vom SL alleine simulieren. Welche Vorteile das Spielen von RSCs gegenüber dem von SCs hat, können vielleicht die Beteiligten sagen. Von meiner Warte aus scheinen es folgende zu sein: man muß sich nicht mit Kleinkram herumärgern (z. B. Kämpfe) und man kann eine Figur im Spiel haben, die nicht nur ein Bauer ist, sondern die Kampagne maßgeblich und kontrolliert beeinflussen kann. Als Spieler kommt man selten in solche Situationen, da man mehr Freiheiten genießt als ein NSC oder RSC.
Da die elektronischen Kommunikationswege nicht perfekt sind, aber das Spiel an manchem Abend große Zeiten überbrückt hatte, gab es Zeitverschiebungen zwischen den SCs und den RSCs. Außerdem konnte nicht immer jeder RSC rechtzeitig antworten, sei es aus technischen Störungen, Urlaub oder anderem. Die Kommunikation per email ist also doch deutlich schlechter als sie mündlich oder über Telefon wäre. Hinzu kommt, daß RSCs, die nicht durchhalten, träge wirken, denn als SL habe ich immer so lange wie möglich gewartet, ehe ich Entscheidungen für die RSCs getroffen habe, wenn sie selbst keine getroffen hatten . Günstig wäre eine rechtzeitige Mitteilung gewesen, damit solch ein Verzug nicht eintritt, und ich die RSCs rechtzeitig übernehmen hätte können. Etwas anders geartet ist ein anderer Nachteil, der oben unter anderem Blickwinkel als positiv erschien: man hat weniger Kontrolle über RSCs als über NSCs, da sie wie die Spieler nicht nur Bauern sein wollen (eher Springer oder Turm ...). Das bedeutet, man muß sich mehr Dinge wie etwa Hintergrundsinformation für die RSCs ausdenken, als für einfache NSCs. Und die Geschichte kann eine plötzliche Wendung nehmen, weil ein RSC eine unangenehme überraschung parat hat. Zu Anfang, bis man die Kampagne in Schwung bekommen hat, ist der Zeitaufwand enorm, den man für die RSCs braucht. Alle RSCs wollen sich zurecht finden. Aber nicht jeder SL hat die Zeit ein Fulltime Play By Email Spiel zu managen. Ich war in einer glücklichen Situation damals, aber heute könnte ich das nicht mehr tun. Ich fand gegen Ende kaum noch die Zeit, alle RSCs auf dem Laufenden zu halten.
Abschließend soll noch folgendes festgehalten werden: der SL muß mehr Zeit als üblich für NSCs in die RSCs investieren, um die Geschichte für alle Beteiligten schlüssig und interessant zu halten. Buchführung ist unerläßlich. Ich habe zwei Tagebücher gehabt, eines nach Tagen, eines nach NSCs sortiert. Dafür kommen dann meist die klassischen Dungeons kürzer. Welche Auswirkungen das hat, sieht man wohl am besten an der Geschichte selber, die hier zu lesen ist.
Den Abschluß abschließend ein paar weitere Hinweise, falls jemand etwas ähnliches vorhat: