Der Spion mit der Katze


In den tiefen Kellergewölben des Stadtgefängnis von Mara sitzen die Gefährten in einer Zelle und blicken durch das Gitter, daß sie von der Freiheit trennt. Ihnen gegenüber steht der Sheriff und blickt sie an. Es herrscht eine gespannte Atmossphäre, die die Kälte zu überwinden scheint. Es stehen sich der Gesetzeshüter und seine Gefangenen gegenüber.


Rotelk: "Ihr wollt hier heraus. Und so erlangt ihr die Freiheit: Findet den Spion, dem es gelingt, Informationen aus den innersten Kreisen meiner Offiziere zu schleusen. Ihr werdet bemerkt haben, daß die umliegenden Zellen leer sind. Das ist Absicht. Keiner darf von diesem Vorschlag wissen. Denn es ist möglich, daß sonst der Spion von meinem Vorhaben Wind bekommt. Ihr müßt also im Untergrund arbeiten. Durch diesen Spion wurden bis jetzt einige verdeckte Operationen gegen die Diebesgilde vereitelt, aber unser dortiger Spitzel kann uns keine Gründe nennen. Das ist eure einzige Chance aus dieser Geschichte heil herauszukommen."

Artax: "Ich soll ein Polizeispitzel sein? - Niemals!"

Rotelk: "Möchte sonst noch jemand hier bleiben? Niemand? Gut, dann lasse ich euch jetzt nach draußen. Wir treffen uns jeden Abend um Acht an einem Ausgang, den ich euch jetzt zeigen werde. Hier ist die Adresse des Spions, den wir in der Diebesgilde haben. Kontaktiert ihn nicht zu oft, um seine Tarnung nicht zu gefährden. Ich habe euer Versprechen, daß ihr nicht aus der Stadt flieht?"

[Alle frei. Sheriff Ab.]

Pireus: "So jetzt sind wir draußen. Wer verhindert nun, daß wir fliehen?"

Titan: "Wir haben es ihm doch versprochen!"

Artax: "Pff. Aber es gibt Wachen am Tor."

Pireus: "Das sollte für einen erfahrenen Dieb wie dich kein Problem darstellen."

Kelf: "Zweitens sind wir mental gespeichert, so daß es ein leichtes für einen Kopfgeldjäger ist, uns zu finden."

Pireus: "Pah, das wäre noch zu sehen."

Artax: "Ich werde Kontakt mit der Diebesgilde aufnehmen, vielleicht kriege ich etwas heraus. Ihr könnt inzwischen den Polizeispitzel besuchen gehen. Hol' auch einer unsere Klamotten aus der "Kellerkneipe". Ich glaube wir sollten umziehen."

Titan: "Alles klar. Bis in vier Stunden vor dieser Kneipe hier."

[Alle Ab. In einer Kneipe.]

Artax: "Fischers Fritz fischt frische Fische..."

Wirt: "Moment... "

Olex: "... was ist? Artax, altes Haus, wo kommst du denn her? Ich habe dich ewig nicht mehr gesehen. Komm' mit nach hinten."

Artax: "Seit meinem Besuch im Wald habe ich mich etwas verändert. Aber das ist nicht so wichtig. Ich habe da eine Frage... "

Olex: "Langsam, erzähl erst einmal, wie es dir so ergangen ist."

Artax: "Das ist eine lange Geschichte, die ich dir mal erzähle, wenn mehr Zeit ist. Im Moment bin ich in Eile und möchte nur eine Frage klären: Habt ihr einen neuen Spion bei der Wache? Mir scheint nämlich, die haben etwas spitzgekriegt."

Olex: "Woher weißt du denn davon?"

Artax: "Man hat mich eingebuchtet. Aber ohne genug Material gegen mich, so daß sie mich freilassen mußten. Aber ich hörte zwei Wachen miteinander reden und so erfuhr ich davon."

Olex: "Seltsam, nach meinen Informationen handelt es sich um einen Spion in den höchsten Ebenen, von dem einfache Soldaten nichts wissen sollten."

Artax: "Und?"

Olex: "Es handelt sich um einen freischaffenden "Künstler", der nur lose mit uns zusammenarbeitet. Auch ich weiß nicht viel. Er verhandelt nur mit denen ganz oben. Komische Type. Der ist wahrscheinlich gar nicht von hier."

Artax: "Also wenn du wolltest, könntest du ihn gar nicht erreichen?"

Olex: "Nein. Nun schieß aber mal los, was hast du gemacht, als du draußen warst. Arme Dorfbewohner um ihr letztes Hemd betrogen?"

Artax: "Aber nicht doch. Ein andermal erzähl ich dir mehr, wie gesagt, ich bin momentan in Eile."

[Bei Agentenadresse.]

Titan: Huch, die Tür steht offen. Und ich dachte, wir müßten erst Artax holen. Hinein da!"

Diabba: "Schaut, dort liegt eine Leiche!"

Pireus: "Hmmm, sieht tatsächlich ziemlich tot aus."

Titan: "Die Wohnung sieht auch ziemlich durchwühlt aus. Kann nichts schaden, wenn wir es auch mal tun."

Kelf: "Ich glaube zwar, daß hier nichts mehr zu finden ist, aber... He, hier! Ich habe unter der Schublade einen Zettel gefunden."

Titan: "Gib' her."

Diabba: "Platz, Titan! Platz! Brav, Titan! Kelf, lies vor!"

Kelf: ""Treffe mich morgen mit dem Tuselg beim "Versteck". Werde dann wissen, wer er ist. Bericht wird bis dahin verschoben." Anscheinend war der Agent dem Unbekannten auf der Spur."

Pireus: "Umgekehrt allerdings auch. Laßt uns gemeinsam das "Versteck" suchen gehen. Aber erstmal wollen wir sehen, was Artax herausgebracht hat. Rantollo hat ja auch eine neue Bleibe für uns gesucht."

Titan: "Das wird ja wieder eine Absteige sein."

Shantilla: "Schließlich haben wir aber auch kein Geld mehr. Das Falschgeld ist weg!"

[Am Treffpunkt.]

Artax: "Das "Versteck" ist eine billige Absteige im Nordosten von Mara. Es ist ein privates Obdachlosenheim. Wir müssen aber dorthin gehen, um die Angelegenheit weiter zu verfolgen."

Kelf: "Tut das. Ich versuche mal, ein paar Erkundigungen in Sachen Falschgeldaffäre einzuziehen. Ich möchte wissen, was dahinter steckt."

[Beim "Versteck".]

Shantilla: "Äh, das ist eine Spezialaufgabe für Rantollo. Schaut euch mal die Filzlaus da drin an."

Rantollo: "Guten Tag, Herr Wirt, wieviel kostet ein Zimmer für die Nacht?

Filzlaus: "Ein Kupferstück."

Rantollo: "So billig? Warum haben wir nicht früher von einer solch billigen Unterkunft gehört? Ich nehme ein Zimmer für zwei Nächte. Wo muß ich mich eintragen?"

Filzlaus: "Nirgends."

Rantollo: "Können Sie mir sagen, ob hier ein gewisser Tuselg ein Zimmer genommen hat? Er ist ein Freund von mir und wir wollten uns hier treffen. Ist er hier?"

Filzlaus: "Nein."

Rantollo: "Wieviel Zimmer sind denn zur Zeit vermietet?"

Filzlaus: "Zwei."

Rantollo: "Ich werde dann mein Gepäck holen. Bis bald."

[Draußen.]

Pireus: "Das war alles? Wir werden den Rest des Tages die Mieter beobachten, um festzustellen, ob sich einer verdächtig benimmt. Vielleicht ist der Spion auch kein Mieter und kommt nur so hierher."

Artax: "Gut. Wir haben aber eine Verabredung um Acht."

[Kelf tritt auf. Auf einer Straße.]

Kelf: "Da seid ihr ja. Ein Glück, wir hatten nämlich nichts verabredet! Also, es war nicht viel zu machen. Rern läßt sich verleugnen. Die Wache sucht allerdings immer noch nach verdächtigen Personen. Ich bin aber nicht aufgefallen, schließlich war ich getarnt. Auf dem Marktplatz herrscht auch zu viel Betrieb. Die Gerüchteküche ist völlig kalt. Anscheinend weiß niemand etwas von Falschgeld, außer den Händlern, bei denen wir kauften."

[Beim Treffpunkt mit Sheriff.]

Sheriff: "Das war alles? Nehmt euch nicht zuviel Zeit! Schließlich muß ich euch die Stadtwache vom Leibe halten. Übrigens versucht bei der Aktion nicht allzu auffällig zu sein. Ein Fremder interessiert sich übrigens für euer Falschgeld. Er trieb sich auf dem Marktplatz herum. Habt ihr eine Ahnung , wer das sein könnte? Nein? Ich werde ihn morgen, wenn ich ihn wiedersehe, vorsorglich festnehmen. Bis dann, wir sehen uns morgen wieder."

[Alle Ab. Nächster Morgen.]

Kelf: "Rantollo hat tatsächlich im "Versteck" übernachtet, ich hätte es nicht gedacht. Wenigstens haben wir anderen auf diese Art etwas Anständiges frühstücken können, nicht den Fraß, den Rantollo bestellt."

Titan: "Wir machen jetzt Nägel mit Köpfen. Wir nehmen die Mieter einzeln unter die Lupe."

Pireus: "Dann schleif' schon mal dein Schwert."

Artax: "Aber nicht hinter dir her!"

[Im "Versteck".]

Pireus: "Hey, Rantollo, aufstehen!"

Rantollo: "Gähn, ich habe schon lange nicht mehr so gut und günstig geschlafen. Was ist denn los?"

Pireus: "Wir statten jetzt deinen Zimmernachbarn einen Besuch ab."

Rantollo: "Bin schon fertig. Wem als erstes? Nehmen wir den Magier unter mir. Vielleicht nutzt er spezielle Zauber zur Spionage."

Titan: "Egal, los geht's."

Kelf: "Wer öffnet die Tür?"

Filzlaus: "Was macht ihr denn da? Na gut, es geht mich ja nichts an, aber seid leise, ich kann sonst nicht schlafen."

Titan: "Ich mache sie auf... "

[Es macht Puff, blitzt grell auf und Titans Gesicht ist völlig schwarz.]

Titan: "Argh, was ist denn jetzt los?"

Diabba: "Na, es hat Puff gemacht, es blitzte grell auf und dein Gesicht ist völlig schwarz. Sonst nichts."

Magier: "Auf euch habe ich gewartet! Das mit der Tür war eine geniale Idee! Wenn wir das nochmal machen könnten? Wartet einen Moment! Ich baue das nochmal auf und ihr öffnet alle fünf Minuten einmal die Tür. Achso, sagt bitte der Filzlaus, wenn ihr vorbeikommt, sie soll mir ein neues Bettuch bringen, ich habe es als Essenztransduktor benutzt. So jetzt bitte die Tür zu! Bis nachher."

Rantollo: "Das war wohl der falsche."

[Vor nächstem Zimmer.]

Titan: "Jetzt macht jemand anderes die Tür auf."

Artax: "Gut, ich übernehme die heroische Aufgabe."

[Ein Armbrustbolzen trifft Artax.]

Titan: "Angriff! Dort steht der Übeltäter."

Pireus: "Ha, er versucht durch das Fenster zu flüchten. Titan und ich verfolgen ihn über das Dach, die anderen gehen unten herum."

[Spion mit seiner Katze auf's Dach. Pireus, Titan hinterher. Diabba kümmert sich um den liegenden Artax. Alle anderen die Treppe herunter. Kelf bremst (mit quietschenden Reifen).]

Kelf: "Der Herr in Zimmer Nr. 4 möchte ein neues Bettuch."

[Kelf beschleunigt wieder. Katze springt auf Straße herunter. Spion wird vorher getötet und fällt vom Dach. Die Katze verteidigt den toten Herrn gegen die ankommenden anderen.]

Shantilla: "Weg da, Mistvieh. Nicht? Nimm das! Aaaaaah... "

[Shantilla ist schwer verwundet.]

Rantollo: "Schwächling. Komm, muschmusch... Verdammt!"

[Rantollo ist verwundet.]

Kelf: "Ein wildes Biest! Ich decke deine Flanke, Titan."

[Eine sehr bestialische Schlacht folgt. Katze unterliegt knapp.]

Pireus: "Wir kommen jetzt runter... So! Nun aber weg hier. Können alle laufen? Los."

[Panikartige Flucht.]

Kelf: "Wo sind Artax und Diabba?"

[Artax und Diabba stolpern um die Ecke.]

Diabba: "So langsam sind wir nun auch nicht. Wenn man euch anschaut, hat Artax mit dem Armbrustbolzen das leichtere Los gezogen."


Die "Killercat" ist seitdem ein geflügeltes Wort bei uns. Nicht einmal der "Rucksacktroll" (abwarten:-) verbreitet soviel Ehrfurcht.


Copyright 1996 Michael Jung < miju@phantasia.org >
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