Der Kabeb


Es schneit in Mara und so manche Blutspur ist dadurch schnell verschwunden. In ganz Mara neigt sich der Tag dem Ende zu, doch in einem Stadtviertel herrscht reges Treiben. Ein gefallener Magier lädt zu Plünderungen ein. In diese Gegend kommt die Wache selten, so daß es lange dauert, bis die erstarrte Leiche geborgen wird. Währenddessen verbinden sich in einer anderen Ecke der Stadt ein paar Gestalten ihre Wunden. Und irgendwo kümmern sich die Ratten um ein Katzenkadaver.


Kelf: "So, genug jetzt. Wir sollten das Treffen mit dem Sheriff nicht verpassen, da wir seine Aufgabe erfüllt haben."

Pireus: "Ich glaube es zwar nicht, aber wir haben immer noch keine Wahl."

[Beim Sheriff.]

Rotelk: "Was ihr sagt, hat seine Richtigkeit. Hätte ich gewußt, daß alles so einfach gewesen wäre... Aber ich habe euch die Freiheit versprochen. Ihr könnt Mara verlassen. Aber seid nicht zu verwegen mit den Torwachen, sie wissen schließlich nicht Bescheid. Allerdings haben sie auch keine Hinweise auf euch erhalten."

Artax: "Wenn wir das gewußt hätten... "

Kelf: "Ritter von Zobelingen, nehmt unseren Rat ernst. Wir handelten in treuem Glauben, daß uns Ritter von Waldeck nicht betröge. Wendet euren Blick in seine Richtung und ihr werdet den Schurken erblicken, wenn ihr denn die Sache weiterverfolgen wollt."

Pireus: "Gut gesprochen, Kleiner. Guten Tag noch... "

[In der "Kellerkneipe".]

Orn: "... Dann ließ sich die Sphinx da nieder, berichtete mir der Händler. Das kann aber ein Gerücht sein, denn Händler erfinden manchmal Geschichten, um sich wichtig zu machen. Aber die Straßenecke kennt ihr inzwischen, so daß ihr euch nicht mehr verlaufen solltet. Es sind dann noch zwei Meilen in Richtung Nordosten."

Diabba: "Vielen Dank. Ich denke, wir sehen uns bald wieder. Aber im Moment haben wir genug von Maras Rittern."

[Vor Maras Toren.]


Hier gehört eigentlich das Abenteuer mit der Sphinx hinein. Keiner von uns kann sich mehr daran erinnern. Peinlich. Die Sphinx ist immer noch da, aber ein paar Orks nicht mehr. Man brauchte Heilung und bekam sie von einem Heiler namens Homgul, der unterwegs nach Vilar war. Momentan befinden sich alle außer Artax auf der Straße zwischen Mara und Vilar ohne besonderes Ziel. Alle haben Pferde. Es liegt immer noch Schnee.


[Ein Fremder taucht auf.]

Fremder: "Einen schönen Gruß von Wanderer zu Wanderer. Wohin des Weges?"

Alle: "Öhh..."

Fremder: "Mein Name ist Tanarak. Ich glaube, euch zu kennen und habe eine interessante Aufgabe für euch."

Pireus: "Wer sind wir denn?"

Tanarak: "Wenn ich richtig vermute, seid ihr Bekannte von Homgul, der euch vor kurzer Zeit Heilung anbot. Er sagte, er hielte euch für zuverlässig - wenn auch unerfahren. Wenn dem so ist, habe ich einen guten Auftrag für euch. Er würde für euch in doppelter Hinsicht lohnend sein. Er bessert eure Kasse auf und bringt viel Erfahrung ein.

Pireus: "Und wenn wir nicht zuverlässig sind, was dann?"

Rantollo: "Quatsch! Nicht auf den hören, der ist ein Sumatary und versteht die Landessprache nicht so gut. Aber, inwiefern lohnt sich der Auftrag?"

Tanarak: "Ihr solltet für mich einen Juwel wiederbesorgen, der mir gestohlen wurde. Orks haben ihn mir entwendet. Als Belohnung erhielte jeder von euch ein Goldstück - bei Erfolg."

Pireus: "Hah, wir sind es gewohnt, mit größeren Summen umzugehen, wie wollt ihr uns mit solchen Kleinigkeiten überzeugen?"

Tanarak: "Homgul hat mir eine ganz andere Geschichte erzählt. Ihr habt bei ihm Schulden gemacht. Deshalb denke ich, daß mein Angebot günstig ist."

Shantilla: "Wieso redest du eigentlich mit dem netten Herrn so derb, Püreus?"

Pireus: P-i-reus, bitte schön. Und ich rede wie es mir gefällt. Ich bin schließlich kein zur Wahrheit verpflichteter Barde, höhö."

Tanarak: "Wie sieht's aus. Wollt ihr's machen oder nicht?"

Titan: "Ja klar. Wir können einen Bestohlenen doch nicht einfach in der Patsche sitzen lassen."

Tanarak: "Nun gut. Ich erkläre euch jetzt die Einzelheiten. Eine Bande Orks, etwa 12 Mann, ist unterwegs in der Ta-Iga in Richtung Baronie Tannenhügel. Sie haben einen großen Schlitten, der auch andere Güter trägt und sie langsam macht. Ihr solltet sie ohne Probleme einholen können. Das Juwel heißt Kabeb und wurde von dem Dieb, der der Auftraggeber der Orks ist, in Vilar in der Magiergilde geschätzt. Dadurch wurde ich erst auf den Diebstahl aufmerksam. Ich bin nämlich viel unterwegs, so daß ich nicht nur den Diebstahl nicht entdeckte, sondern mich auch nicht um die Wiederbeschaffung kümmern kann. Ich traue euch diese verantwortungsvolle Aufgabe zu."

Rantollo: "Wo wurde er entwendet, warum schaltet ihr nicht die Miliz ein und wer war der Dieb?"

Tanarak: "Es ist schwer zu erklären, wie mir der Juwel abhanden gekommen ist. Man hat ihn ausgegraben und dann dort entfernt, wo er eigentlich hingehört. Den Dieb kenne ich leider nicht. Ich weiß aber, daß es der Auftraggeber der Orks ist. Bei der Miliz wäre viel Papierkram zu erledigen und ich brauche eine schnelle und unbürokratische Lösung."

Kelf: "Gehört euch denn der Boden, in dem der Juwel gefunden wurde? Die ganze Sache hört sich nicht ganz sauber an."

Tanarak: "In gewisser Weise gehört mir der Boden, denn ich bin ein Wächter der Erde. Gewisse Dinge dürfen nie aus ihr entfernt werden. Auf gar keinen Fall dürfen diese Dinge in die falschen Hände gelangen. Und Orks haben definitv die falschen Hände. Und wenn ihr meinen Worten nicht glaubt, dann etwa den Orks?"

Rantollo: "Das hört sich vernünftig an. Außerdem bekommen wir ein Goldstück pro Person. Ich habe keine weiteren Fragen."

Tanarak: "Wir treffen uns dann wieder bei Homgul, dem Heiler in Vilar. So etwa in zwei Wochen."

Rantollo: "Moment. Gibt es denn keine Vorauszahlung?"

Tanarak: "Wofür denn? Ich brauche doch das Juwel. Aber kommt nicht auf die Idee, es zu verkaufen."

[Später.]

Pireus: "Was ich ihm zugute halte, ist, daß er uns nicht vorgeschlagen hat, die Pferde zu verpfänden."

[Reise durch Schnee. Eine Gruppe von 11 vermummten Gestalten wird gesichtet. Kelf reitet auf sie zu.]

Kelf: "Einen schönen guten Tag, werte Wandersleut'. Wohin, wenn mir die bescheidene Frage erlaubt ist, seid ihr unterwegs? Laßt uns in Frieden ein Stück des Weges gemeinsam gehen."

Wanderer: "Grrr."

Kelf: "Ich dachte, Wanderer sind fröhliche Leute und sind immer bereit zu einem kleinen Gespräch. Der Weg ist gar so einsam alleine. Warum so unfreundlich?"

Wanderer(zieht Schwert): "Grrr."

Kelf: "Schon gut, ich habe eure Seufzer verstanden. Ihr habt wohl ein Schweigegelübde abgelegt, das ich natürlich nicht durch unbedachte Äußerungen gefährden möchte. Gute Reise."

[Kelf bei den Anderen.]

Kelf: "Die Leute sind sehr unfreundlich gegenüber Reitern. Ich habe ihre Gesichter gesehen. Wenn das keine Orks waren, dann will ich nicht mehr Kelf heißen."

Pireus: "Wie denn dann?"

Kelf: "Was wolltest du sagen, P-ü-reus?"

Titan: "Wir sollten einen Plan machen. Weiter vorne können wir sie des Nachts überfallen."

Rantollo: "Einfach so? Können wir sie nicht mit Pfeilen bearbeiten, dadurch wird niemand gefährdet."

Kelf: "Die Orks haben Armbrüste. Aber es ist ein Versuch wert. Derweil kann sich vielleicht jemand anschleichen und den Kabeb klauen."

Pireus: "Hört sich gut an. Wenn etwas schief geht, sollten wir nicht zu weit von dem Dieb entfernt sein, um ihn zu unterstützen. Unserer moralische Unterstützung hat er sowieso. Wie wär's, Shantilla?"

[Gespanntes Schweigen.]

Shantilla: "Und wer soll aufpassen, daß ihr keinen Unfug anstellt, wenn nicht ich? ... Na gut, aber nur wenn ich bestimmen darf, wer wo im Angriffsfall steht."

[Man reitet der Orkgruppe voraus. Die Orks schlagen ihr Nachtlager auf. Man studiert die Lage und plant ausführlich den Hinterhalt. Shantilla schleicht sich an und wird entdeckt, da Orks im dunkeln sehen. Es entbrennt kurz darauf eine heiße Schlacht.]

Alle: "Mieser Ork, stirb! ... Licht? ... Aua! ... Licht!! ... Verdammt ... Liiicht!!!"

[Die Gefährten werden zurück geschlagen, erbeuten aber ein Pferd. Drei Orks sterben. Es bleiben Diabba und Rantollo schwerverwundet zurück.]

ALLE(außer Pireus): "Wo blieb denn das Licht?"

Pireus: "Ich wurde angegriffen, ich konnte nicht zaubern. Ich habe nur mein Leben verteidigen können. Andere hatten offensichtlich Zeit Pferde zu stehlen!"

[Kurze Diskussion: niemand trug Schuld. Nach einer Weile töten die Orks die Gefangenen durch Vierteilen.]

Titan: "Was hätten wir denn tun können?"

Pireus: "Nichts, aber was werden wir jetzt noch tun können?"

Shantilla: "Vielleicht kommen aus Versehen zwei hilfsbereite Wanderer herbeigelaufen."

[Denkste. Laue Ideen, Niedergeschlagenheit.]

Titan: "Jetzt reichts! Wir müssen etwas tun!"

[Titan trabt aus Versteck auf die Straße und galoppiert auf die Orks los. Ein Ork stirbt, Titan wird von den anderen vom Pferd gerissen. Titan ist auch tot.]

Shantilla: "Da geht unser letzter Kämpfer hin. Friede seiner Seele. Was jetzt?"

Pireus: "Es sind ja nur noch 7 Orks. Wir sollten sie umzingeln."

[Man eilt den Orks voraus und trifft auf einen zugefrorenen Fluß. Bei einer Brücke.]

Kelf: "Hier lauern wir ihnen ein letztes Mal auf. Wenn es dann nicht gelingt, soll sich Tanarak seinen Juwel selber besorgen."

[Brücke wird zerstört. In der Nähe versteckt man sich an der Böschung. Die Orks kommen. Bei der gefährlichen Passage stürzt man sich auf die Orks. Man hat Glück: zwei Orks waren schon verwundet und sind kampfunfähig. Ein weiterer wird von dem unkontrollierten Schlitten überfahren. Gelungene Zauber runden das ganze ab. Es fliehen zwei Orks, die man wegen eigener Wunden nicht verfolgen kann. Keine Verluste. Plünderung folgt.]

Kelf: "Orks sind nicht gerade als reich zu bezeichnen. Das war harte Arbeit für wenig Lohn. Ob wir den Kabeb behalten sollten? Wenn wir in Vilar sind, sollten wir ihn zumindest schätzen lassen. Keiner von uns kann schließlich ermessen, wieviel der Stein tatsächlich wert ist."

Pireus: "Ruhm und Ehre haben unsere Kämpfer genug geerntet, dafür wird Shantilla schon sorgen, oder? Ich hatte das Gefühl, das war ihnen am wichtigsten."

Shantilla: "So höre alle Welt: dies ist die Ballade von Diabba, Rantollo und Titan Herold, drei Kriegern, denen die Orks das Fürchten lehrten, ähh, DIE den Orks das Fürchten lehrten... "

Kelf: "Elender Versager..."

[Alle Ab.]


Diese Schlachten waren die Erkenntnis, daß Kämpfe nicht im geringsten dem ähneln, was man aus AD&D gewöhnt war.


Copyright 1996 Michael Jung < miju@phantasia.org >
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