Kelfs Auferstehung


In einer Senke des Flaun stehen vier Gestalten und beäugen sich mißtrauisch. Ein vor einen Wagen gespannter Esel betrachtet schweigsam die Männer im Schnee, während langsam eine dunkle Wolke die Sonne wieder freigibt.


Treiber: "Seid gegrüßt, Fremde. Pireus und Ganvir?"

Pireus: "Ja, das sind wir. Ihr seid der Führer, der uns erwarten soll?"

Treiber: "Ja. Kommt mit, beeilen wir uns, Zeit ist kostbar. Nennt mich Lekon."

Ganvir: "Wer ist dieser Mann dort?"

Lekon: "Ich habe einen weiteren Fahrgast. Es ist Mu, ein Mönch des Longus. Er ist vertrauenswürdig."

Pireus: "Sind die Mönche von Longus nicht Wandermönche? Warum will er fahren?"

Mu: "Ich werde neben euch herlaufen. Ich habe Lekon während einer Reise kurze Zeit begleitet. Wir haben uns bei Nachtwachen abgewechselt."

Pireus: "Kennt ihr Diabba? Sie war auch eine Anhängerin des Wanderordens von Longus. Sie hatte einen Fehler gemacht und ist jetzt tot. Also sieh dich vor."

Mu: "War ihr Fehler, in eurer Begleitung zu sein?"

Lekon: "Ihr könnt auf der Reise weiterreden. Ihr habt keine Zeit zu verlieren, oder?"

[Vor Mara.]

Pireus: "Wir haben erstaunlich viele Holzfäller getroffen. Hat jemand etwas gehört? Soll die Ta-Iga abgeholzt werden?"

Lekon: "Nicht, daß ich wüßte... So meine Freunde, bis hierhin reicht mein Auftrag von Suilarna. Ich muß wieder an's Geldverdienen denken. Seid euch aber meines Schweigens sicher."

Pireus: "Wieviel würde denn die Fahrt bis zum Fürst von Falkenstein kosten? Schließlich können wir den Sarg schlecht bis dahin tragen."

Lekon: "Laßt sehen... Für 4 Silberstücke bringe ich euch bis zur Burg."

Ganvir: "Los, bezahl ihn, du hast doch genug Geld."

Pireus: "Wie schnell du mit meinem Geld umgehst! Aber meinetwegen, der Fürst wird uns schon entschädigen. Aber der Mönch muß für sich selber zahlen, wenn er denselben Weg hat."

Mu: "Ich laufe gerne, das ist sowieso viel gesünder. Und womöglich schneller. Aber ohne mich seid ihr ja hilflos allen Gefahren ausgeliefert."

Ganvir: "Ziemlich überzeugt von sich selbst, dieser Mönch."

[In Falkenstein.]

Bandit: "Halt. Dies ist ein Überfall. Gebt mir den fälligen Wegezoll. Für vier Personen macht das 4 Silberstücke. Oder natürlich mehr, wenn ihr könnt."

Ganvir: "Wir sind bettelarm. Könnt nicht ihr uns ein bißchen Wegzehrung geben?"

Pireus: "Wer will den Wegezoll denn haben und holen kommen?"

Viele Banditen: "Wir!"

[Es erscheinen 8 Banditen mit gespannten Armbrüsten.]

Pireus: "Mehr könnt ihr nicht bieten? Pah!"

Lekon: "Mach keinen Scheiß'. Ich will wieder lebend nach Hause. Hallo, ich bezahle."

[Bandit nähert sich. Ganvir zieht sein Schwert und ein Kampf entbrennt. Mit Magie und Glück stirbt im ersten Schwarm Bolzen nur Lekon. Im folgenden werden die Charaktere verletzt und nur eine Gruppe Reiter des Fürsten errettet sie.]

Pireus: "Hust, nicht schlecht, wie du Armbrustbolzen abwehrst, Mu. Kannst du mir das beibringen?"

Mu: "Mal sehen, wenn du mir erklärst, wie der Lichtblitz funktioniert."

Reiter: "Fremde, was wollt ihr in Falkenstein?"

Ganvir: "Wir bringen den toten Sohn des Fürsten, wenn es beliebt."

Reiter: "Dann sputet euch, der Fürst erwartet euch. Wir begleiten euch den Rest des Weges."

Mu: "Das ist wahrscheinlich nötig. Hier ist es gefährlicher als in der Ta-Iga."

Pireus: "Wie kann der Fürst wissen, daß wir kommen? Woher weiß alle Welt immer, wo wir sind?"

Reiter: "Es sind die Drillingsbrüder Kado und Krest von Kelf, die seinen Tod gespürt hatten und herbeieilten und dem Vater berichteten. Und jetzt wartet er auf den Tag, da ihm sein Sohn gebracht wird. Kommt!"

[Beim Fürsten.]

Fürst: "Ruht euch aus, Überbringer dieser schweren Last. Inzwischen lasse ich den Priester holen, der Kelf wieder zu den Lebenden rufen soll. Kado und Krest, die Brüder Kelfs werden euch derweil Gesellschaft leisten."

[Duke Ab.]

Kado: "Erzählt uns alles. Ich erfuhr von Kelfs Tod, als ich gerade im hohen Norden war. Ich bin sofort gekommen, um zu erfahren, ob ich irgendwie behilflich sein kann. Aber erzählt mir alles. Wie ist alles geschehen?"

Krest: "Ich war in Oil, als ich spürte, daß einer meiner Brüder gestorben war. Ich ritt auf dem schnellsten Pferde hierher zurück."

Pireus: "Schade, daß Shantilla nicht mehr bei uns ist, sie könnte alles bestimmt erzählen. Uns wird es sicher nicht gelingen, alles detailgerecht wiederzugeben."

Kado: "Das ist nicht so schlimm, Erzählt uns dasjenige, an das ihr euch erinnert."

Ganvir: "Ich war nur zum Schluß dabei, Püreus kann alles viel genauer als ich erzählen."

Pireus: "Wollt ihr nicht lieber warten, bis Kelf wieder am Leben ist? Er wird euch sicher alles selber erzählen wollen."

Kado: "Ihr seid so bescheiden; das ist sehr nobel. Dann erzählt mir doch von der letzten Reise, die Kelf nicht erlebt hat."

Ganvir: "Ja, wußtet ihr, daß ihr Banditen in eurem Fürstentum beherbergt? Da solltet ihr euch mal drum kümmern."

Kado: "Das Problem ist erst jüngst entstanden, doch die Miliz wird sich dessen annehmen."

Ganvir: "Seit der letzten Zählung sind es zwei Banditen weniger. Gibt es dafür keine Belohnung?"

Kado: "So leid es mir tut. Die Heilung eurer Wunden hat gerade den Betrag gekostet, der als Belohnung auf die Köpfe der Banditen ausgesetzt war."

Pireus: "Aber für das Überbringen von Kelfs Leiche?"

Krest: "Seid ihr Kelfs Freunde oder Leichenhändler?"

Pireus: "Aber wir hatten Unkosten... Und in Vilar hatte der Führer der Magiergilde auch Unkosten."

Kado: "Und der Fuhrmann? Hattet ihr nicht bei ihm eure Unkosten? Seid nicht zynisch."

Ganvir: "Unser täglich Brot kam nicht umsonst. Und die Übernachtungen..."

Kado: "Sprecht das mit unserem Vater ab, er wird euch womöglich einige Silbermünzen für eure Dienste geben, wenn ihr so versessen darauf seid."

[Später.]

FÜRST: "Kelfs Tod traf uns alle zutiefst. Wir werden alle nötigen Anstrengungen unternehmen, um Kelf wiederzubeleben. Unsere Kasse wird zwar schwer belastet, aber ich denke, wir können euch für die Dienste, die ihr dem Hause Falkenstein geleistet habt, entlohnen. Für ein jeden von euch habe ich einen Zaubertrank aus unserer Schatzkammer geholt. In zwei Tagen wird Kelf wieder auf den Beinen sein, wenn alles gut verläuft."

[Zwei Tage später.]

Kelf: "Ich bin wieder lebendig, wenn auch nicht gesund."

Pireus: "Ich werde nicht mehr lange hier bleiben. Als Nomade bin ich geboren, als Nomade will ich leben. Ganvir?"

Ganvir: "Hier läßt sich ganz gut leben. Verpflegung und so sind hier doch gut."

Pireus: "Schmarotzer. Das gebührt sich nicht für einen Sumatary."

Kelf: "Es wird sowieso nicht mehr lange dauern, bis man euch durch die Blume sagt, daß ihr nicht hierher gehört. Kado und Krest sind schon abgereist und auch ich werde wieder gehen, denn wie soll ich Ruhm und Reichtum erwerben, wenn ich zuhause bleibe? Ich falle noch mehr hinter meinen Brüdern zurück. Schließlich war mein Tod ein schwerer Rückschlag."

Pireus: "Du untertreibst!"

Ganvir: "Wollen wir nicht auf Artax und Feiache warten?"

Kelf: "Wir können ihnen entgegen gehen. Übrigens, außerdem wird Pad Paradscha mit uns kommen. Sie ist die Tochter der Köchin und ist bei einem Walddruiden in die Lehre gegangen. Sie möchte jetzt die Wälder dieser Welt kennenlernen."

Pireus: "Da kann ich die Ta-Iga empfehlen. Langeweile herrscht da nicht."

Pad: "Auja, gehen wir dahin? Bitte!"

Kelf: "Gemach, gemach. Sind alle reisefertig? Wir ziehen erst einmal nach Mara. Vielleicht treffen wir dort die beiden Anderen."

Pad: "Gibt es da Abenteuer?"

Pireus(zu Kelf): "Mußtest du ein Kind mitnehmen. Sie ist kaum sechzehn Jahre alt. Wir können nicht ständig auf sie aufpassen."

Kelf: "Ich denke, das kann sie selber."

[Auf der Reise.]

Ganvir: "Los, Pad, mach mal was zu essen. Den Fraß, den wir sonst immer verdrücken müssen, haben wir satt."

Pad: "Ich bin nur die Tochter der Köchin! Aber wenn es sein muß, kann ich es mal versuchen."

[Beim Essen, was nicht besser als sonst schmeckt.]

Ganvir: "Kelf, was hast du bloß für eine doofe Köchin."

Pad: "Ich bin nur die Tochter der Köchin!"

Mu: "Ich hab's ja gleich gesagt: vegetarisch essen. Das ist das einzig wahre. Und dazu Wein in Pulverform."

Ganvir: "Quatsch, wir Sumatary müssen kräftig essen, nicht wahr, Püreus?"

Pireus: "P-i-reus!"

[In der "Kellerkneipe" in Mara.]

Artax: "Da seid ihr ja. Wir wollten gerade nach Falkenstein ziehen, um dort nach euch zu fragen. Wir haben nicht viel herausbekommen. Von dem Kabeb weiß in Tannenhügel niemand etwas außer dem Baron, der aber nichts sagt. Es gibt dort aber erstaunlich viele Orks, die gerüchteweise in seinen Minen arbeiten. Man trifft dort auf eine Mauer des Schweigens was den Baron und seine Angelegenheiten angeht, vielleicht hat Tanarak recht. Achso, auf euch sind Killer angesetzt."

Kelf: "Vielen Dank für die prompte Mitteilung!"

Artax: "Wieso, es ist doch nichts passiert. Allerdings - es stimmt - du bist etwas blaß. Hattet ihr aufregende Erlebnisse?"

[Berichte.]

Feiache: "... Ich mußte dann noch mein Geld in Ta-ash abholen. Woher das stammt, weiß ich auch nicht. Es werden regelmäßig auf ein Konto 5 Goldmünzen eingezahlt."

Pad: "Vielleicht bist du unbekannterweise mit einem Adligen verwandt, der sein Gewissen beruhigen will."

Feiache: "Was soll das denn heissen? Woher kommt überhaupt diese Göre?"

Kelf: "Sie ist die Tochter einer Angestellten meines Vaters und untersteht meinem Schutz."

Pireus: "Mit dem ist es aber nicht weit her. Du kannst anscheinend nicht mal auf dich selber aufpassen."

Kelf: "Dein Cousin hat das verbrochen. Er hat während seiner Nachtwache geschlafen!"

Ganvir: "Ich habe nicht geschlafen. Im Gegenteil, ich habe dich rechtzeitig geweckt, aber du hast nicht aufwachen wollen."

Kelf: "Kunststück, mit einem Dolch im Herzen!"

Mu: "Ihr solltet weniger Fleisch essen und mehr Gemüse, das beruhigt."

Pad: "Ja? Hast du ein Rezept für Gemüseauflauf?"

Artax: "Nein, schon wieder dieses junge Gemüse! Sind wir eigentlich Abenteurer oder Klatschbasen. Schlaft jetzt, morgen früh ziehen wir weiter."

Kelf: "Ach ja, wer schläft denn immer am längsten?"

Artax: "Nur wer früh ins Bett geht, kann lange schlafen."

[Und so weiter. Alle Ab.]


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